Zu Gast im Kino
Kino von Welt
Wiens letztes großes Einsaalkino war schon immer Schauplatz großer Premieren und Sehnsuchtsort für viele. 1960 wurde das (bereits 1919 gegründete) Gartenbaukino im Zuge der Umgestaltung der Gartenbaugründe an der Wiener Ringstraße neu eröffnet. Premierengast war damals Kirk Douglas, über Wiens erste 70-mm-Leinwand flimmerte „Spartacus“. Im Laufe der Jahre folgten ihm viele Größen des Kinos wie Martin Scorsese, Bruce Willis und Tom Cruise. 2021 wurde das Gartenbaukino, der Hauptschauplatz des internationalen Filmfestivals Viennale, dann umfassend saniert. Heute erstrahlen viele Teile des denkmalgeschützten Kinos im Original-Look der 1960er-Jahre. Und der Großteil der 736 Sitze in Wiens größtem Kinosaal trägt mittlerweile übrigens die Namen ihrer jeweiligen Sesselpat:innen.
Nostalgie in Breitensee
Die inneren Bezirke haben eine tolle Dichte an Programmkinos, im 14. findet man allerdings das mittlerweile älteste der Stadt. Der Legende nach sogar der Welt. Die Breitenseer Lichtspiele, das am längsten durchgehend bespielte Kino Wiens. Hier nimmt man auf den Original-Holzstühlen aus dem Jahr 1905 Platz. Meist laufen heimische Produktionen und internationale Klassiker, aber auch Stummfilme mit Piano-Begleitung oder Live-Vertonung mit Erzähler. Bei LGBT-Events warten Dragshows und mehr. Die 2022 verstorbene legendäre Betreiberin Anna Nitsch-Fitz führte das kleine Kino 53 Jahre lang. Zuletzt wurde unter ihrer Nichte Christina rundumerneuert. Auf Nostalgie-Feeling setzt man aber bewusst weiterhin. Ein Liebhaber:innen-Kino, nur zwölf U-Bahn-Minuten vom Stephansplatz entfernt.
Neustart einer Legende
In Wien können Filmfans aus 17 Arthouse-Kinos wählen. Noch, denn bald kommt ein weiteres dazu. Das Bellaria Kino will 2024 ein Comeback geben, das viele Wiener:innen herbeisehnen. 2019 musste das legendäre Lichtspielhaus beim Volkstheater nach 107 Jahren schließen. Eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne später läuft die notwendig gewordene Generalsanierung. Ein neuer urbaner Kino-Hotspot entsteht, Charme und Charakter des Bellaria bleiben aber natürlich erhalten. Das Team des ebenfalls im 7. Bezirk angesiedelten Café Liebling erarbeitet ein innovatives Gastro-Konzept inklusive Gastgarten. Hinter dem Kino-Neustart stehen die Betreiber:innen des Votiv Kinos und des De France – zwei weitere Programmkinos, die mit ihrem breiten Filmangebot die Stadt bereichern.
Kino und Museum in einem
Auf der Suche nach einem der schönsten Kinosäle der Stadt führt kein Weg am METRO Kinokulturhaus vorbei. Der wunderbare denkmalgeschützte Hauptsaal aus dem Jahr 1893 mit seinen Holzvertäfelungen, dem Balkon und rotem Interieur wurde bis 1951 als Theater genutzt. Daher die Logen seitlich der Sitzreihen. Das Filmarchiv Austria übernahm das Kino im Herzen der Innenstadt 2002 und baute es zu einem mehrgeschoßigen Kulturhaus mit Veranstaltungs- und Ausstellungsflächen aus. Highlights der Filmgeschichte gibt’s hier ebenso wie (inter-)nationales aktuelles Kino. Das METRO verfügt auch über eine gemütliche Kinobar und eine echte Rarität: die weltweit best-sortierte Film-Fachbuchhandlung. Raffiniert: Durch eine Glaswand kann man vom Eingangsbereich in den großen Saal blicken.
Kino, Kunst, Kulinarik
Wie viele andere Kinos der Stadt blickt auch das 1916 noch als Schwarzenbergkino gegründete Lichtspielhaus auf eine wechselvolle Geschichte. Aus ihm ging das heutige Stadtkino hervor, das 2013 im Künstlerhaus am Karlsplatz eine neue Heimat fand. Der große Kinosaal mit seinen historischen Wandbildern ist ein echter Augenschmaus, das Foyer wurde erst im Sommer 2022 modernisiert. Das prachtvolle, in den letzten Jahren generalsanierte Gebäude teilt man sich übrigens mit der Künstlerhaus-Vereinigung, dem Museum Albertina modern sowie den exzellenten Gastro-Einrichtungen Ludwig & Adele und Hausbar. Das Stadtkino ist seit den 1990er-Jahren auch als Filmverleih tätig. Schwerpunktmäßig werden internationale Arthouse-Filme gezeigt, nicht selten zu politischen und feministischen Themen.
Immer wieder sonntags
In Wien gibt es ein passendes Kino für wirklich jeden Geschmack. Das Schikaneder im 4. Bezirk genießt auf jeden Fall Kultstatus. Hier wird ein bunter Mix geboten: Obskures und Filmklassiker, aber auch Filmfestivals für Menschenrechte und Pornos. Oder der Sonntags-Tatort (bei freiem Eintritt). Auch dank einiger Couches im Kinosaal dient es manchen als verlängertes Wohnzimmer. Aber nicht alle kommen nur wegen der Filme. Im Bar-Bereich gibt´s regelmäßig DJ-Musik und LGBT-Events. Das Schikaneder ist wie sein Schwesternkino ein Hybrid aus Kino und Lokal.
Das Top Kino nahe der Mariahilfer Straße steht für gemütliches Retro-Ambiente. Serviert wird hier besonders viel Kulinarisches sowie abwechslungsreiches Arthouse-Programm. Sehr beliebt: das sonntägliche Filmfrühstück.
Tipps
- Festival-Glamour erleben: Die Viennale ist jedes Jahr im Herbst ein Pflichttermin für Cineasten. Österreichs größtes Filmfestival, das 2022 sein 60. Jubiläum feierte, ist in mehreren Kinos zu Gast und präsentiert Film-Highlights aus aller Welt. Mit tollem Rahmenprogramm.
- In die Filmgeschichte eintauchen: Das Österreichische Filmmuseum verfügt über eine umfangreiche Bibliothek und mehrere Sammlungen. Herzstück des im Albertina-Komplex beheimateten Museums ist das „Unsichtbare Kino“, ein in Schwarz gehaltener Kinosaal.
Text: Maria Schaller