"Nicht enden wollende Inspirationsquelle"
Das MAK - Museum für angewandte Kunst zog Lilli Hollein bereits als Kind in seinen Bann, heute leitet sie das Haus am Stubenring. Seit 1. September 2021 steht mit der gebürtigen Wienerin als Generaldirektorin und wissenschaftlicher Geschäftsführerin erstmals eine Frau an der Spitze des Museums, das als erste Adresse für Design in Wien bekannt ist.
Lilli Hollein gilt als ausgewiesene Designexpertin. Als Direktorin der von ihr mitbegründeten Vienna Design Week setzte sie neue Maßstäbe. Das Thema liegt ihr gewissermaßen im Blut: Ihr Vater war der bedeutsame Wiener Architekt und Pritzker-Preisträger Hans Hollein (1934-2014), ihr Bruder Max Hollein leitet als Direktor das Metropolitan Museum of Art in New York.
Zu Beginn unseres Interviews, was verbindet Sie persönlich mit dem MAK?
Hollein: „Wenn man in einer Familie aufwächst, die stark in der Kunst- und Kulturwelt verankert ist, gehört der regelmäßige Besuch von Kunstinstitutionen zum Alltag. Das MAK begleitet mich seit meiner Kindheit als ein Ort, an dem ich wunderbare Ausstellungen und tolle Begegnungen erlebt und den ich immer wieder sehr gerne aufgesucht habe. Beruflich bin ich seit Jahren in der Designszene verankert. Mit seiner wunderbaren Sammlung zu Kunsthandwerk und Design war und ist dieses Museum für mich eine nicht enden wollende Inspirationsquelle."
Welche Themen und Inhalte sollen Ihre Amtszeit prägen?
„Einen klaren Schwerpunkt möchte ich auf Frauenthemen setzen. Frauen als Künstler:innen und Kunstschaffende müssen vermehrt in den Fokus gerückt werden. Auch popkulturelle Phänomene, die einen starken gestalterischen Aspekt haben, werden künftig im MAK-Programm eine Rolle spielen. Und natürlich werden auch Nachhaltigkeit und Klimawandel, wie schon bei meinem Vorgänger, auch in den kommenden Jahren in vielfältiger Weise in die Museumsarbeit einfließen."
Welche Rolle spielt Design für das MAK in Ihren Augen?
„Wie könnte Design in einem Museum wie dem MAK nicht eine tragende Rolle spielen? Das MAK ist die erste Adresse in Österreich, eine der ersten Adressen international, wenn es um Gestaltungsfragen in allen Lebensbereichen geht. Wichtig ist mir, den Designbegriff noch weiter zu schärfen. Design hat eine gesellschaftliche Dimension – Stichwort Social Design – und muss endgültig vom Image der Oberflächenbehübschung losgelöst werden. Design ist auch die prägende gestaltende Kraft der digitalen Welt, die uns täglich umgibt. Eine Frage, der wir uns künftig vermehrt widmen werden, ist, wie digitale Werke in der Museumssammlung abgebildet werden können."
In welche Zukunft steuert das Museum Ihrer Ansicht nach? Wie möchte man Besucher:innen von morgen ansprechen?
„Durch seine Sammlungen kann das MAK eine direkte Verbindung zwischen der Kulturgeschichte und der unmittelbaren gegenwärtigen Lebens- und Produktwelt seiner Besucher:innen schaffen. Es ist mir ein Anliegen, mit Themen aus der Sammlung des Museums ein noch breiteres, vielfältiges Publikum anzuziehen. Das MAK wird in den kommenden Jahren ein demokratisches, offenes Angebot an ein möglichst diverses Publikum richten und mit einem verstärkten Fokus auf neue Vermittlungsformate – analog wie digital – erhöhte Aufmerksamkeit für die Sammlung erzeugen."
(November 2022)