Konferenzraum im Vienna International Center

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UNO-City: Grenzgänger

Sechs Y-förmige Bürotürme gruppieren sich in Paaren so um ein zylindrisches Konferenzgebäude, dass sie sich kaum gegenseitig beschatten. Ein genialer Wurf des österreichischen Architekten Johann Staber, der 1968 den international ausgeschriebenen Architekturwettbewerb für den Bau des dritten Standortes der UNO für sich entschied. Seit 1979 glänzen nun die 127 Meter hohen Türme silbern im Tageslicht, dazwischen blitzt freches Orange als ein modisches Muss vergangener Zeiten. Wer das Areal des Vienna International Centers, besser bekannt als UNO-City, betritt, macht nicht nur eine architektonische Zeitreise, er verlässt auch österreichisches Staatsgebiet: Die UNO-City liegt – wie auch die drei anderen Standorte New York, Genf und Nairobi – auf unverletzlichem, internationalem Gebiet, das den 193 Mitgliedsstaaten gehört.

„Die Vereinten Nationen haben ihren eigenen Sicherheitsdienst“, klärt Henri Abued Manzano, einer der 20 Tour Guides, auf. „Es ist eine kleine Stadt in der Stadt mit eigener Feuerwehr, Poststelle, Verwaltung, Medical Service, Apotheke und Kindergarten.“ Manzano selbst stammt von den Philippinen. „Als Mitgliedsstaat feiern wir alljährlich am 24. Oktober den Tag der Vereinten Nationen“, erzählt er. „An diesem Tag schlüpfen Kinder in die verschiedensten Länderkostüme und verbreiten internationales Flair. Ein schöner Brauch, der schon früh in mir den Wunsch erweckte, einmal bei der UNO zu arbeiten.“

Aushängeschild der Internationalität Wiens

Mittlerweile ist Manzano seit drei Jahren im Team des UN-Besucher:innendienstes und fühlt sich in Wien zuhause. Vor allem die Architektur der historischen Stadt hat es dem auch als Fotografen tätigen Guide angetan. „Wien ist wie ein Freilichtmuseum. Es gibt nahezu an jeder Ecke etwas zu entdecken, so wie die prunkvollen Fassaden der alten Bürgerhäuser oder die für die Wiener Architektur typischen Innenhöfe wie der Adlerhof im siebenten Bezirk.“ Aber auch sonst habe die Stadt viel zu bieten. „Mein Rückzugsort ist der Augarten im französischen Stil. Bekomme ich Besuch, machen wir einen gemeinsamen Ausflug auf den Kahlenberg. Von dort oben hat man einfach einen herrlichen Blick auf die Stadt. Und obwohl ich kein Kaffeetrinker bin, genieße ich die gemütliche Kaffeehauskultur der Wiener sehr. Der Brunnenmarkt mit seinem bunten Markttreiben ist für mich wiederum ein multikultureller Hotspot.“ Das Zusammenkommen vieler Nationen an einem Ort mache auch die Atmosphäre der UNO-City aus: „Sie ist für mich das Aushängeschild der Internationalität Wiens.“ In seinen Pausen spaziert Manzano gerne durch die miteinander verbundenen Bürogebäude mit den orange lackierten Stiegenhäusern und Aufzugskabinen. „Das Mobiliar ist noch original aus den 1970ern“, schwärmt Manzano. „Ich entdecke hier immer wieder neue Bereiche. Zum Beispiel war ich erst jetzt das erste Mal im achten Stock, wo die Simultandolmetscher:innen ihren Arbeitsplatz haben.“

Globaler geht’s nicht

Über den holzgetäfelten Konferenzsälen mit ihren cognacfarbenen Ledersesseln befinden sich die stark schallgedämmten Kabinen, in denen Dolmetscher:innen in Ruhe arbeiten können, ohne von Außengeräuschen abgelenkt zu werden. „In der Regel arbeiten wir zu zweit im Team und wechseln uns halbstündig ab“, erzählt Simultandolmetscherin Sarah Irene. Die US-Amerikanerin mit italienischen Wurzeln arbeitet bereits seit zehn Jahren bei den Vereinten Nationen. „Ich habe im UN-Hauptquartier in New York begonnen und bin vor vier Jahren mit meinen beiden Pferden und zwei Katzen nach Wien gezogen.“ Irene übersetzt Russisch und Französisch ins Englische. „Im Büro der UN in Wien gibt es keine Simultandolmetscher:innen mit deutscher Muttersprache. Deutsch gehört weder zu den sechs Amtssprachen Arabisch, Chinesisch, Englisch, Französisch, Russisch und Spanisch noch zu den beiden Arbeitssprachen Englisch und Französisch. Das ist mit ein Grund, warum meine Deutschkenntnisse leider noch recht dürftig sind.“ Einen typischen Arbeitstag hat Irene selten. „Mein Einsatz hängt stark von der Dringlichkeit der Themen und den dazu anberaumten Konferenzen ab, die teilweise auch kurzfristig stattfinden können.“

Das bedeutet gute Vorbereitung und intensive Konzentration während dieser Zeit. Umso wichtiger ist es Irene, in ihrer Freizeit abschalten zu können. „Ich lebe im wunderschönen Neuwaldegg im 17. Bezirk, wo ich beim Ausreiten meinen Kopf freimachen kann“, erzählt die Dolmetscherin. „Wien hat so viele Facetten. Die Stadt ist nicht nur sehr pittoresk, sie bietet auch viele Naherholungsgebiete, so wie die Gegend rund um die Otto Wagner Villa, die ich sehr schätze. Wenn ich Besuch bekomme, dann ist für mich die Hofburg und die Albertina mit einem Abstecher ins Café Diglas oder Café Landtmann ein Muss.“

Dolmetscherin und Luftakrobatin

Neben dem Reiten pflegt Sarah Irene ein ungewöhnliches Hobby: Als Luftakrobatin und Schlangenmensch performt sie immer wieder in zahlreichen Shows in Wien und anderen europäischen Städten. „Gerade weil ich in meinem Job als Dolmetscherin nur das kommuniziere, was andere sagen, ist es für mich umso wichtiger, mit meiner Kunst etwas Eigenes zum Ausdruck bringen zu können.“ Dennoch freut es sie, mit ihrer Arbeit einen Beitrag für die UN zu leisten. „Hier zu arbeiten, macht deutlich, wie wichtig die Friedensmission der UN ist“, konstatiert Irene. Es sei weit mehr als an einem runden Tisch zu sitzen und lediglich über Themen abzustimmen. Der tägliche Einsatz der UN-Organisationen trage weltweit dazu bei, die Zusammenarbeit in Bezug auf Menschenrechte, Sicherheit und Weltwirtschaft voranzubringen und zu fördern. Und wo ließe sich dieser Einsatz besser verwirklichen als in dieser historischen Stadt? Schließlich wurden hier bereits viele weltpolitische Entscheidungen getroffen. Es ist dieser besondere Geist, der Wien als begehrten Standort zahlreicher Organisationen und als Anziehungspunkt internationaler Kongresse und Konferenzen etabliert hat.

Text: Rosi Dorudi

UNO-City (Vienna International Centre - VIC)

Wagramer Straße 5
1220 Wien
  • Vienna City Card

    • Vorteil mit der Vienna City Card: -13%

      Zusatzinformation zum Angebot:

      Normalpreis: 15€

  • Öffnungszeiten

    • Schließzeiten: Keine Führungen am Wochenende, UN-Feiertagen und von 21. Dezember bis 5. Jänner

  • Führungen

      • Für EinzelbesucherInnen und Kleingruppen bis 10 Personen, auf Deutsch, Englisch und weiteren Sprachen: Mo-Fr 11:00 Uhr, 12:30 Uhr, 14:00 Uhr, 15:30 Uhr nach Verfügbarkeit buchbar. Kunstführung: Mi 15:30 Uhr. Voranmeldung empfohlen. Bitte beachten Sie die aktuellen Informationen zu Führungen auf der Website des UNO-Wien-Besuchderdienstes. Ein amtlicher Lichtbildausweis ist mitzubringen.
      • Gruppenführungen in mehr als einem Dutzend verschiedener Sprachen an weiteren Terminen (Mo–Fr) buchbar.
  • Barrierefreiheit

    • Haupteingang
      • stufenlos (Schwingtüre 90 cm breit)
        Rampe bei Gate 1
    • Lift vorhanden
    • Weitere Informationen
      • Behinderten-WC mit barrierefreiem Zugang vorhanden.
    • Spezielle Angebote für Menschen mit Behinderung

      Angepasste Führungen für Menschen mit Behinderung.

    • Anmerkungen

      Zugang zu Ausstellungsräumen stufenlos.

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