Transkript für BAHÖ IV: Benimm-Papst meets Porno-Produzentin
Simonian: Ich denke, jemand der sich mit Pornografie auseinander setzt ist so stigmatisiert bis zum geht nicht mehr, dass man sich eigentlich gar nicht vorstellen kann, dass sich in diesem Bereich irgendwas mit Etikette, Moral, Anstand, Umgang - irgendwas damit zu tun hätte. Und ich glaube gerade deshalb sind wir zusammengewürfelt worden, weil wir haben tatsächlich viel mehr gemeinsam als die Gesellschaft denkt.
*AUDIOTRENNER*
Schäfer-Elmayer: Was kann ich dafür, dass ich ein alter, weißer Mann bin? Ich habe ja das Glück, dass ich so alt geworden bin.
Simonian: Tatsächlich finde ich, dass genau in den letzten 100 Jahren die Pornografie irgendwie falsch abgebogen ist.
Schäfer-Elmayer: In der Tanzschule kann man nicht einmal einen Porno anschauen.
*AUDIOTRENNER*
Moderatorin: Gegensätze suchen Gemeinsamkeiten. Oder umgekehrt? BAHÖ ist der Podcast, bei dem sich zwei treffen. Zwei Persönlichkeiten, zwei Lebenswelten, zwei Perspektiven. Durchs Reden kommen die Leute zusammen, gerade in Wien. In dieser Folge trifft Benimm-Papst Thomas Schäfer-Elmayer, Inhaber der legendären Tanzschule Elmayer, auf Pornoproduzentin Adrineh Simonian, Gründerin der Plattform Arthouse Vienna. Die beiden sprechen darüber, was gutes Benehmen ausmacht, ob die Tanzschule ein geeigneter Ort für einen Pornodreh wäre und wieso gendern mühsam, aber notwendig ist.
*AUDIOTRENNER*
Simonian: Hallo, Herr Professor. Mein Name ist Adrineh Simonian, ich war einmal Opernsängerin und beschäftige mich seit längerer Zeit schon mit Pornografie. Was natürlich sehr konträr ist, aber ich finde gar nicht, dass es so konträr ist und ich bin gespannt, was wir in dieser Stunde alles miteinander erleben werden.
Schäfer-Elmayer: Mein Name ist Thomas Schäfer-Elmayer, ich bin der Enkel des Gründers dieser Tanzschule und habe an sich nie vorgehabt die zu übernehmen oder zu leiten. Ich habe ja eine Industrielaufbahn in erster Linie gemacht, war zuletzt "Head of high purity metals" in einem deutschen Konzern und bin aber dann nach Wien gekommen mit der Überzeugung, dass es wirklich mehr Sinn macht, sich für diese Institution einzusetzen, weil es auf der Welt nichts Vergleichbares gibt wie die Wiener Balltradition. Und auch wie diese Tanzschule mit ihrem Konzept, das ja nach wie vor gerade bei der Jugend besonders gut ankommt.
Simonian: Ich habe eine Frage - das will ich schon seit Jahrzehnten fragen: Wenn jemand so in der Öffentlichkeit steht und gerade bekannt ist für Etikette, Benimmregeln, immer perfekt ist - und Sie sind perfekt nach außen hin.
Schäfer-Elmayer: Fragen Sie meine Frau, ob die das auch so sieht.
Simonian: Genau das interessiert mich. Wenn man dann privat ist, legt man das ab? Gibt es so Momente, wo man sagt: Ich bin ein Mensch, ich kann jetzt nicht mehr, ich bin jetzt ganz locker und auch wenn das jetzt nicht richtig war, ich hab’s jetzt gemacht, weil es einfach aus der Emotion kam.
Schäfer-Elmayer: Ich bin überhaupt nicht perfekt, ich meine, das ist sehr schön, dass ich so ein Image habe, aber in Wirklichkeit mach ich dauernd Fehler - auch bei Benimmfragen.
Simonian: Wirklich?
Schäfer-Elmayer: Natürlich! Ich habe ein Riesenproblem zum Beispiel. Ich habe so gut wie kein Namengedächtnis. Und wenn ich jetzt jemanden vorstellen muss, dann ist das ein Riesenproblem. Wir haben ja in Österreich - es ist ja ein Paradies für so Leute mit Namensschwächen, Namensgedächtnisschwächen, dass wir die Titel haben. So wie Sie zu mir Herr Professor gesagt haben, das ist wunderbar. Aber wenn ich - bei einem Ball passiert mir das häufig. Ich treffe einen Lehrer von irgendeiner Schule, ich weiß genau, der ist der Klassenvorstand von der 7C, unterrichtet - was weiß ich - Englisch, Französisch und Russisch. Ich weiß sogar, was er für ein Auto fährt, aber der Name fällt mir wieder mal nicht ein.
Simonian: Können Sie sich an meinen Namen erinnern?
Schäfer-Elmayer: Simonian, sowas?
Simonian: Das ist der Nachname, richtig, vollkommen richtig! Und der Vorname ist Adrineh.
Schäfer-Elmayer: Ich bin immer sehr vorsichtig, bei den Namen.
Simonian: Nein, aber das war vollkommen richtig. Der Vorname ist Adrineh.
Schäfer-Elmayer: Genau, Adrineh.
Simonian: Adrineh
Schäfer-Elmayer: Genau! Ich habe Sie ja auch gegoogelt natürlich. Man muss sich ja etwas vorbereiten, auch auf so ein Gespräch. Dann passiert mir halt, dass ich zu diesem Herrn sage: Herr Professor! Schön, dass wir uns wieder sehen und wunderbar. Jetzt wenn da meine Frau dazustößt - muss die ausgerechnet jetzt herkommen? Ich muss vorstellen! Ich kann ja jetzt nicht sie daneben stehen lassen. Und dann haben wir halt so verschiedene Methoden, sie weiß eh meine Schwäche. Wenn ich dann sage: Darf ich dir den Herrn Professor vorstellen, er unterrichtet so und so und so, am Theresianum oder so, dann weiß sie schon wieder: Der hat keine Ahnung, wie er heißt. Und gibt ihm ihre Hand und dann lösen wir das auf diese Tour. Oder meistens kommt sie schon von vornherein hin und nennt einfach ihren Namen und bringt sich selbst ein. Aber an sich erwartet man gerade von mir, der ich das ja auch unterrichte mit Rollenspielen - heute Früh haben wir wieder vier oder fünf Rollenspiele gemacht - dass ich das ja perfekt beherrsche, aber die Namen sind das Problem.
Simonian: Ich werde ja oft gefragt: Was ist jetzt bei mir anders? Und seit einigen Jahren sammle ich eben Film-Maker weltweit und für mich ist an erster Stelle wichtig, wenn ich einen Film-Maker übernehme und sage, okay deine Filme bin ich bereit auf meiner Plattform anzubieten: Wie ist der Film entstanden, wie geht man mit Darstellern um, wie geht man am Set um, wie geht man davor mit den Leuten um und danach? Wenn ich zum Beispiel einen Experimental Film Blind Date mache - ich habe eine Konversation mit den jeweiligen Protagonisten sicher sechs bis acht Monate. Aus dem ganz einfachen Grund, weil das Menschen sind, die erstens noch nie vor der Kamera gestanden sind, zweitens sind das Menschen, die einen ganz normalen Beruf haben, großteils Akademiker und ich eine sehr, sehr große Verantwortung habe. Erstens einmal: Dieser Enthusiasmus, der am Anfang da ist bei den Leuten, das ist natürlich toll. Aber für mich ist es wichtig, dass die Menschen unterschiedliche Phasen erleben. Enthusiasmus, Zweifel, Angst, Bedenken, Fröhlichkeit, ja oder nein dann. Und das braucht Zeit. Das muss mir bewusst sein. Das ist das Eine. Das Zweite ist die körperliche Unversehrtheit. Wenn ich zwei Menschen habe, die sich nicht kennen - es ist üblich, dass man einen HIV-Test erbringt. Das ist in meinen Augen viel zu wenig, das geht gar nicht. Natürlich immer geschützten Sex. Aber HIV, Hepatitis, Gonorrhoe, Syphilis und HPV. Für mich ist es wichtig, dass man immer auf Augenhöhe ist. Ich sage immer: Geh mit den Menschen so um, wie du möchtest, dass man mit dir umgeht. Und vertraglich natürlich zwei Dinge festgelegt: Jeder darf zu jeder Zeit aussteigen, egal zur welcher Zeit. Entweder davor oder kurz vor dem Drehen, während dem Drehen oder nach dem Drehen, bevor ein Film herausgebracht worden ist. Theoretisch kann es sein, dass jemand sagt: „Nope“.
Schäfer-Elmayer: Und dann ist alles für die Katz'.
Simonian: Ja, aber ich muss ein Zeichen setzen, wenn ich damit nicht anfange. Ja, ich verliere Tausende und Abertausende von Euros. Aber wenn ich wirklich etwas verändern möchte, dann muss ich diese Schritte setzen. Es bleibt mir nichts anderes übrig. Wenn ich das nicht mache, machen das andere nicht. Und tatsächlich haben diese Art von Arbeit mehrere übernommen, was ich nie gedacht hätte, dass das so schnell geht. Und letztendlich versucht man so aus dieser Stigmatisierung herauszukommen.
Schäfer-Elmayer: Ich meine eigentlich sind das lauter Prinzipien, die in einem Unternehmen überhaupt wichtig sind.
Simonian: Genau!
Schäfer-Elmayer: Dass man sich identifiziert mit dem Unternehmen, dass man sich freut, da mitzuarbeiten. Und dass dann eben das, was produziert wird ist halt hier was anderes als bei uns. Aber im Prinzip sind das Unternehmensphilosophie-Regeln, die Sie da haben. Und die natürlich in diesem Fall ein ganz besonderes Metier, ein ganz besonderes Produkt, weil das sind ja - ich bin ja überhaupt extrem, ich mache nicht einmal Homestorys. Als ich nach Wien gekommen bin, habe ich mir geschworen: Ich werde in der Öffentlichkeit stehen, aber niemals kommt jemand in meine Wohnung! Und auch sonst, Biografie haben mich auch alle möglichen Verträge gefragt. Mache ich nicht, weil ich sehr unterscheiden will zwischen meinem Privatleben und dem in der Öffentlichkeit Stehen. Und das ist halt meine eigene Philosophie im Gegensatz zum Herrn Lugner oder solchen Leuten, die überhaupt keinerlei Hemmungen haben, zu Hause was zu zeigen. Wobei der sehr tüchtig ist. Dieses Lugner-Bashing mag ich überhaupt nicht, aber es ist halt von ihm eine ganz andere Offenheit, die auch, glaube ich, für sein Unternehmen extrem wichtig ist. Weil ich glaube, die Lugner City würde niemals so florieren, wenn er da nicht dermaßen in den Medien präsent wäre.
*AUDIOTRENNER*
Schäfer-Elmayer: Boah, jetzt muss ich mal nachdenken, welche haben sich verändert... Ich habe ja gedacht, dass ich in den 90er Jahren, als ich mein Buch herausgebracht habe, „Gutes Benehmen gefragt", eigentlich für meine Familie alles getan hab. Weil mein Großvater hat das erste Haus gebaut in den 50er Jahren, meine Eltern in den 70ern und ich in den 90ern. Seitdem habe ich noch acht weitere Benimmbücher geschrieben. Teilweise die aufgebaut haben auf dem ersten, aber dann immer Weiteres, weil so vieles sich geändert hat. Wenn wir nur einmal das Internet, Handy, all diese Dinge anschauen. Das ist eine völlig andere Welt. Und was sich da auch geändert hat. Ich bin gerade heute Früh auch in dieser Schulklasse... Was ich immer thematisiere, ist das Mobbing. Dieses Cyber-Mobbing ist ja eine Katastrophe. Es gibt keine Klasse, wo nicht Verletzungen - und zwar bei vielen Kindern vorkommen. Das geht bis hin zu Selbstmorden. Und das sind so Dinge, die sich da wirklich dramatisch geändert haben in unserer Gesellschaft, weil eben man dort ohne selbst überhaupt die Person zu konfrontieren ganz gemein vom Hintergrund her solche Dinge lancieren kann, die besonders junge Mädchen wahnsinnig verletzen. Die sind ja dermaßen empfindlich. Zum Beispiel meine Enkelin hat auf einmal nichts mehr gegessen, weil ihre Ballettlehrerin gesagt hat, sie hätte dicke Beine. Und das sind so Dinge, wo die Ballettlehrerin irgendwie wahrscheinlich gar nicht so richtig nachgedacht hat, was sie da anrichtet. Aber das war ganz schlimm. Die sind dermaßen verletzlich. Und das sind so Dinge, auf die wir natürlich achten müssen. Dass wir eben solche Sachen einbremsen. Auch ich habe als Schüler vor ziemlich einigen Jahrzehnten manchmal Leute gehänselt, wo ich mir nachher gesagt habe: Mein Gott, das hättest du jetzt eigentlich nicht tun müssen. Und man kann es nie wieder gut machen. Aber das ist noch eine ganz andere Dimension. Zum Beispiel etwas, das mir gerade einfällt, was sich sehr geändert hat. Dann natürlich überhaupt, man sieht ja nicht nur Kinder, sondern Erwachsene überall nur noch mit Handy rumlaufen. Und dafür gibt’s natürlich ganz eigene Benimmregeln, dass man unter bestimmten Umständen eben kein Handy haben sollte und sich auch mehr auf andere Dinge konzentrieren. Andererseits sind natürlich diese Mobiltelefone auch ein Segen. Man muss nicht mehr zu Hause sitzen und auf den Anruf warten. Und damit richtig umzugehen ist ein Punkt zum Beispiel, was wir auch in meinem Buch drinnen haben. Wo ich nicht so ganz darüber begeistert bin, ist das Gendern. Weil das halt meiner Meinung nach zu weit gegangen ist. Bereits... Dinge machen ja komplett die Sprache kaputt. Und das führt auch dazu, wenn man sich vorstellt - wir haben zum Beispiel eine junge Ukrainerin eingestellt. Wie soll die Deutsch lernen? In jedem Satz haben sie da irgendwelche Pünktchen oder Striche und mehrere Artikel. Das ist unglaublich schwierig für Menschen Deutsch normal zu lernen. Und für die Schüler natürlich genauso.
Simonian: Das mit dem Gendern verstehe ich wirklich zu 100%. Auch ich habe meine ganz großen Probleme damit und nach wie vor mache ich selber die Fehler. Auch ich mag es nicht. Allerdings überlege ich mir, warum wurde das eingeführt und warum wird so insistiert darauf. Und im Endeffekt habe ich mir gedacht: Es gibt nur die Sprache, um Menschen etwas vielleicht klar zu machen. Und bevor das in der Sprache nicht wirklich klargemacht worden ist, weiß ich nicht, ob sich die Gesellschaft generell mit der Thematik wirklich auseinandersetzen wird. Deshalb, ich versuche schon zu gendern. Es gelingt mir oftmals nicht und auch mir geht es oftmals auf die Nerven, aber ich versuche es halt. Aber ich denke, dass junge Menschen - also wenn ich mich jetzt vergleiche, wie ich mit 20 war und jetzt eine 20-Jährige oder ein 20-Jähriger - da ist so viel Unterschied. Die verstehen viel mehr, können viel mehr, sind viel intelligenter als ich es je mit 20 war. Sind viel schneller.
Schäfer-Elmayer: Glauben Sie?
Simonian: Ja, definitiv! Ich sehe es an meinen Nichten. Meine Nichte schreibt gerade ihre Masterarbeit in Theater-, Film- und Medienwissenschaften, die ist 27, 28. Die hat eine Sprache, wie sie damit umgeht und was sie vom Leben... und an Selbstreflektion. Ich sitze und staune, ich lerne von ihr wahnsinnig viel. Und deshalb glaube ich: Man kann den jungen Menschen zumuten auch jetzt Veränderungen in der Sprache zu nehmen. Was halt schwer ist, ist halt für uns, die ältere Generation. Aber gut. Ist so.
Schäfer-Elmayer: Ich habe ja auch zwei Schulbücher geschrieben. Und die wurden vom Ministerium drei oder vier Mal zurückgeschickt, weil entweder zu wenig gegendert wurde oder nicht auf die vier Weltreligionen Bezug genommen wurde oder lauter solche Dinge waren da. Nur, die das Ganze natürlich wahnsinnig kompliziert gemacht haben, das dann zu lernen. Ich gendere indem ich sage: Damen und Herren oder Professoren und Professorinnen. Ich habe zum Beispiel die Stadtschulratspräsidentin damals gefragt, wie man sie den ansprechen soll. Daraufhin sagt sie: Grammatikalisch korrekt ist Frau Präsident, politisch korrekt Frau Präsidentin.
Simonian: Ja, sie hat Recht!
Schäfer-Elmayer: So habe ich dann früher auch die Frau Direktorin begrüßt an der Schule. Und so hat sich das komplett entwickelt, obwohl es grammatikalisch nicht richtig ist.
Simonian: Vollkommen richtig, bin ich ganz bei Ihnen.
Schäfer-Elmayer: Aber damit kann man noch leben.
Simonian: Denke ich auch.
*AUDIOTRENNER*
Schäfer-Elmayer: Wien ist alles. Es gibt nichts, was es in Wien nicht gibt.
Simonian: Gell? Sage ich auch.
Schäfer-Elmayer: Davon bin ich wirklich überzeugt. Und mehr noch als in anderen Städten, weil es ja zum Beispiel keine Tanzschule Elmayer und keine Balltradition in anderen Städten gibt. Und dann natürlich überhaupt die Kultur hier, die Musik hier, die Theater - wo gibt es drei Opernhäuser? Und alles, was hier geboten wird ist wirklich toll. Das ist auch mit ein Grund, warum ich wieder nach Wien gerne zurückgekommen bin. Ich wüsste nicht, was es hier eigentlich nicht gibt. Natürlich, wir haben keine Wüste hier direkt oder solche Dinge, aber wir haben 2000er gleich ums Eck, wir haben Wasser noch und noch mit dem Gänsehäufel und was wir alles da haben. Wir haben auch einen Steppensee unweit von hier, noch hat er auch Wasser. Es gibt wirklich so viel wie kaum woanders. Es ist sowohl progressiv als auch traditionsverbunden und ich glaube, auch gerade diese Mischung ist so wichtig, weil wir nicht irgendetwas über Bord werfen, was einmal als wertvoll und gut empfunden wurde, sondern wir kultivieren das weiter und tragen das weiter in die Zukunft und nützen diese Erfahrungen und diese Bildung, die wir auch haben. Und natürlich betrifft das jetzt nicht jede Person, aber die gesamte Stadt schon.
Simonian: Das ist auch der Grund warum ich meine Firma „Arthouse Vienna“ genannt habe. Es war mir sehr, sehr wichtig dieses Wienerische mitzunehmen, das hat eine ganz große Bedeutung in meiner Firma. Wien ist natürlich einerseits extrem konservativ, andererseits aber auch sehr open-minded, eben wie Sie gesagt haben. Es ist eine unglaubliche Bandbreite. Und ich bin der Meinung, dass man diese Bandbreite nicht so in unterschiedliche Kästen geben muss. Man kann sie sehr gut verbinden und ich glaube das genau - allein was die Kultur angeht. Wenn man sagt: Ich möchte heute Abend irgendwas machen, was könnte ich den heute erleben? Man braucht einfach nur zu schauen, was es an unterschiedlichen Locations, Theater, Musik, Kabarett, Diskussionen, Vorlesungen, alles, gibt.
Schäfer-Elmayer: Wahnsinn, ja!
Simonian: Es ist unglaublich. Und es gibt wirklich jegliche Bandbreite. Und tatsächlich gibt es auch seit fünf Jahren ein Porn-Filmfestival in Vienna.
Schäfer-Elmayer: Aha!
Simonian: Gibt es auch, ja. Das war am Anfang sehr schwer, weil natürlich teilweise die Politik sehr dagegen war. Andererseits wir es aber doch wieder hingeschafft haben. Eine lustige Geschichte: Die Bank hat mich rausgeschmissen aus, ja aus moralischen Gründen. In ihren Statuten steht, Waffenhändler und Pornografie. das können sie nicht unterstützen aus moralischen Gründen. Und ich fand das interessant, dass das gerade eine Bank zu mir sagt. Für mich gibt es nichts Unmoralischeres und Unethischeres als eine Bank oder eine Versicherung. Wenn aber man ein anderes Licht irgendwann einmal scheinen würde auf diesem Bereich, dann würde es auch schon anders aussehen. Man muss unterscheiden lernen und dieses Unterscheiden gibt es bei diesen Institutionen leider noch nicht. Und das finde ich schade. Das ist eben dieses extrem Konservative, was schwer zu brechen ist. Aber innerhalb dieser Gruppierungen sage ich, Institutionen, sind alle sehr offen, sehr open-minded.
*AUDIOTRENNER*
Schäfer-Elmayer: Was würde ich?
Redakteur: Würden Sie denn in so einen Filmabend gehen?
Schäfer-Elmayer: In so einen Filmabend gehen? Würde ich nicht.
Redakteur: Warum nicht?
Schäfer-Elmayer: Also, vor allem, was Sie gesagt haben, ich finde, das ist etwas sehr Privates. Und ich habe keine Lust mich da - selbst, wenn ich nicht Elmayer wäre und nicht in der Öffentlichkeit stehen würde, würde ich das niemals machen. Das schaut man sich zu Hause an.
Redakteur: Wäre denn, Frau Simonian, die Tanzschule Elmayer ein geeigneter Ort, um einen Pornofilm zu drehen?
Simonian: Nein, definitiv nicht! Das hat aber nichts damit zu tun, dass ich sage: Die Kulisse stimmt nicht. Die Kulisse ist wunderbar, ist genau richtig. Aber, ich schaue natürlich bei unseren Produktionen, dass ich eben das Wien mitnehme, was leider schwierig ist. Ich wollte unbedingt im Imperial filmen, weil das ist mein Lieblingshotel, wo ich auch ab und zu hingehe und eine Nacht übernachte, weil ich es einfach liebe dort. Die haben mich einfach ausgelacht und haben den Hörer aufgelegt. Gut, ich kann es verstehen ja, aber das ist halt eine Umgebung, die ich gerne in meinen Filmen habe, aber es geht einfach nicht.
Schäfer-Elmayer: Es wirkt dort sehr toll!
Simonian: Es geht einfach nicht. Und deshalb würde es auch hier nicht gehen, weil das eine Institution ist. Und alles andere ist als eben diese Welt der Sexualität und Pornografie darstellt. Tut es ja nicht. Und deshalb würde es da auch nicht hineinpassen.
Schäfer-Elmayer: Genau. Das ist ja eine hauptsächlich Jugend-Tanzschule, wie man gesehen hat nicht nur Jugend-Tanzschule, aber hauptsächlich schon. Und da ist klar: Da passt das nicht her.
Simonian: Genau.
*AUDIOTRENNER*
Simonian: Tatsächlich war ich sehr nervös. Ich war sehr nervös Sie kennenzulernen, weil ich Sie ja schon immer bewundert habe. Und was ich so toll fand, ist, dass Sie sich auf dieses Gespräch eingelassen haben. Ehrlich gesagt, wie ich angefragt worden bin und Ihren Namen gelesen habe, habe ich gesagt: Wow, er ist bereit mit mir ein Gespräch zu führen! Das hat mir noch mehr Respekt geben lassen, als ich es eh schon vor Ihnen habe. Und jetzt sehe ich einfach einen Menschen vor mir, den ich als Mensch jetzt auch greifen kann. Sehr, sehr sympathisch, sehr auf Augenhöhe, der mir zu keiner Sekunde das Gefühl gegeben hat, dass ich weniger wert bin, weil ich das mache, was ich mache, sondern im Gegenteil. Ich fühle mich sehr ernstgenommen und hatte das Gefühl, dass Sie auch sehr interessiert sind und sich auch sicher Gedanken gemacht haben in dem Moment, wenn ich etwas gesagt habe. Und das hat mir sehr gut gefallen.
Schäfer-Elmayer: Vielen, vielen Dank für die Blumen erstmal. Das ist toll. Also wir haben schon im Vorfeld gesprochen, was ich mir jetzt erwarte, und ich hab gesagt: Für mich ist das keine so außergewöhnliche Sache, weil einfach Menschen aufeinandertreffen. Ob man jetzt ein Vorstandsvorsitzender, ein Soldat oder ob man sonst irgendeinen Beruf hat, das sagt ja eigentlich nicht so wahnsinnig viel aus. Es kommt darauf an was man macht und wie man es macht. Und das hat mich bei Ihnen sehr beeindruckt, wenn ich es jetzt auch von den effektiven Dingen, die da passieren, gar nicht einschätzen kann. Aber Ihre Philosophie, wenn man das so nennen darf, ist natürlich, dass das etwas ist, was wirklich Wertschätzung, Respekt und eine ganz andere Qualität, eine ganz andere Note in diesen Beruf bringt. Und das als Prinzip ist auf jeden Fall unerhört anerkennenswert. Was dann tatsächlich passiert dabei, das würde mich an sich schon interessieren, ich kann es momentan natürlich nicht beurteilen.
Simonian: Vielen Dank.
Schäfer-Elmayer: Toll finde ich ja, dass Sie so offen damit umgehen. Auch dass Sie einfach zu dem stehen, was Sie da machen und dass Sie sogar - irgendwo auf der Homepage steht, dass Sie da gar nicht so viel Unterschied zum Operngeschehen finden, bei den Dingen.
Simonian: Nein, eigentlich nicht.
*AUDIOTRENNER*
Schäfer-Elmayer: Ja, Frau Simonian, ich habe mich sehr gefreut über dieses Gespräch. Ich glaube, es ist auch tatsächlich etwas, was sich Leute anschauen sollten, die ein Vorurteil haben natürlich. Sowohl gegenüber der Pornografie als auch gegenüber der Tanzschule Elmayer. Bei uns ist man ja oft geneigt, das für etwas komplett Verstaubtes und sonstiges zu halten. Deshalb würde ich dem Publikum sehr empfehlen, diesen Podcast zu abonnieren.
Simonian: Auf jeden Fall! Abonniert es und es wäre fein, wenn ihr das auch ein bisschen bewertet.
Schäfer-Elmayer: Vielen Dank auch.
Simonian: Vielen herzlichen Dank.
Redakteur: Würden Sie sich jetzt hier gemeinsam diesen Trailer ansehen wollen?
Schäfer-Elmayer: Ja, hier könnten wir den schon anschauen. Also im Foyer haben wir WLAN, aber das kommt scheinbar nicht bis hier durch. In der Tanzschule kann man nicht einmal einen Porno anschauen.
*AUDIOTRENNER*
Simonian: Ich bin mir sicher, dass Sie singen können. Jeder Mensch kann singen.
Schäfer-Elmayer: Ja, ja schon. Aber wie...
Tanzschule Elmayer
1010 Wien